Ein anderes Leben
 

Wachkoma  wird definiert als 

  • vollständiger Verlust von Bewusstsein über sich selbst oder die Umwelt und die Fähigkeit zu kommunizieren,
  • Verlust der Fähigkeit zu willkürlichen oder sinnvollen Verhaltensänderungen infolge externer Stimulation,
  • Verlust von Sprachverständnis und die Sprachproduktion,
  • Blasen- und Darminkontinenz,
  • Aufhebung des Schlaf-/Wachrhythmus,
  • weitgehend erhaltene Hirnstamm-, spinale, hypothalamische und autonome Reflexe

Die Menschen, die Kilian kannten, erlebten ihn allerdings viel weniger passiv, als es diese Definition vermuten lässt: Zu den Folgen der Hirnschädigung gehört zwar, dass er fast keine Kontrolle mehr über seine Muskulatur hatte. Er hatte starke Spastiken in Armen und Beinen und lag tagsüber im speziell angefertigten Rollstuhl. Er konnte aber seinen Kopf etwas drehen und die  Finger vorsichtig bewegen. Wenn er sich wohlfühlte, ließ er seine Arme fast entspannt herabsinken. War er angestrengt, bemerkte man eine große Spannung bis in die Fingerspitzen. Kilian hatte einen Schlaf- Wachrhythmus. Wenn er wach war, öffnete er seine Augen und er war aufmerksam für das Geschehen der Umgebung. Er lächelte manchmal und zeigte so seine Freude. Kilian mochte gern Musik und genoss das Baden im warmen Schwimmbad. Mit seiner Stimme und seiner Mimik zeigte er Unbehagen oder Wohlgefühl. Bei Klopf-Massagen oder beim Lagern konnte man seine Freude nicht nur sehen sondern auch hören.

Kilian im Bett

Zu den Begleiterscheinungen des apallischen Syndroms gehören Krämpfe, die auch Kilian in unterschiedlicher Stärke erlebte. Er bekam Medikamente, die die Krampfneigung mildern sollen.

Wohnen im Kinderhaus Mara

Kilian lebte mit anderen Kindern in einer Wohngruppe des Kinderhaus Mara, das zu Friedehorst gehört. Dort wird er von Fachkräften liebevoll betreut und gefördert. Beide Eltern besuchen ihn dort regelmäßig.

In Bremen besuchte Kilian die Paul-Goldschmidt-Schule, ein Förderzentrum mit dem Schwerpunkt körperlich-motorische Entwicklung. Mit seinen Mitschülern im Unterricht erlebte er viel: Dort wird gesungen und erzählt, es gibt einiges zu hören, fühlen, auszuprobieren. Kilian war mittendrin, auch wenn die Klasse Ausflüge machte oder sogar eine Klassenfahrt an die Nordsee.

 

 

Wochenenden zuhause in Hannover

Kilian hat, bis er siebzehn wurde, in regelmäßigen Abständen seine Familie in Hannover besucht. Zuletzt war er gesundheitlich leider nicht stabil genug für diesen Ortswechsel.

Konfirmation 2010


Im Frühjahr 2009 erlebte Kilian das, was auch viele andere Jugendliche seines Alters tun: er nahm am "Konfer" teil. Der Pastor der Kirchengemeinde St. Magnus hat in diesem Jahr mit seinem Kollegen aus Friedehorst eine integrative Konfirmandengruppe ins Leben gerufen, an der auch acht Teenies mit Behinderung  teilnahmen.Gemeinsam mit 21 Jugendlichen aus dem Stadtteil erlebte Kilian biblische Geschichten mit allen Sinnen und konnte Teil der Gemeinschaft sein.

Das Projekt war einzigartig, die Erfahrungen bisher positiv:

RTL regional berichtete: http://www.rtlregional.de/player.php?id=7608

Der Weserkurier berichtete:Zeitungsartikel

Im Mai 2010 fand dann die Konfirmation statt: Die Jugendlichen wurden im Rahmen einer sehr schönen Zeremonie gesegnet. Ohne ihre Verschiedenheit mit vielen Worten in den Vordergrund zu stellen, durfte jeder so sein, wie er ist. Dieser Gottesdienst hat viele sehr berührt.Das anschließende Mittagesssen auf Einladung von Friedehorst war Gelegenheit zum Gespräch und für Gratulationen.

Die Konfirmanden verbrachten einen sonnigen Tag im Kreis ihrer Freunde und Familien, der unvergessen bleibt.